Nachdem wir euch Ende letzten Jahres unseren Mentalexperten Dr. Sebastian Altfeld vorgestellt haben, legen wir, besser gesagt Sebastian, mit den ersten Mentaltipps für euch los. Trainingsweltmeister - wer kennt sie nicht? Oder würdet ihr euch sogar selbst zu dieser Kategorie zählen, da euch im Training immer alles gelingt, im Match dann aber nicht? Sebastian erklärt euch in diesem Beitrag, warum es sowohl für euer Training, aber auch ganz besonders für jedes Match so ungemein wichtig ist, sich Ziele zu setzen. Was dabei der Unterschied zwischen Ergebniszielen und Handlungszielen ist, erfahrt ihr ebenso im Beitrag wie die so elementare Unterscheidung zwischen Zielen und Wünschen. Denn letztere haben wir beim Tennis so viele. Und damit ihr Sebastians Mentaltipps auch gleich ganz konkret umsetzen könnt, haben wir für euch ein Arbeitsblatt zum Download hinterlegt. Damit aus Trainingsweltmeistern echte Siegertypen werden können! Viel Spaß dabei!
Eigentlich doch eine banale Frage oder? Geht es nicht darum, am Ende als Sieger vom Platz zu gehen? Aber genau hier liegt oft einer, der aus sportpsychologischer Perspektive, klassischen Gründe, wieso Spielerinnen und Spieler nicht an ihre Leistungsstärke herankommen und eher mit Frustration statt Freude den Court verlassen. Ich denke, dass jeder Leser, der aktiv den Ball über das Netz schlägt, sich mindestens einmal eines der folgenden Ziele vorgenommen hat: „Ich will heute gewinnen“, „Ich will X* Aufschläge reinbringen“, „Ich will heute die Zahl der Unforced Errors bei X* halten“, „Ich will heute genauso spielen wie letzte Woche“, „Ich möchte heute die Zuschauer beeindrucken“.
In der Presse wird zumeist über Spieler gesprochen, die ein Match bzw. Turnier gewonnen oder besondere Statistiken wie Anzahl von Assen aufgelegt haben. Ist es also nicht auch dann sinnvoll sich das vorzunehmen?
Aus sportpsychologischer Sicht wollen wir uns dieser Frage nähern und einen klaren Ratschlag geben, was genau die Wahrscheinlichkeit für die persönlich maximale Leistung in einem Spiel oder einer Trainingseinheit erhöht. Denn das ist doch das, was alle Beteiligten sich wünschen, oder?
Daher ist dieser Artikel nicht nur für euch Tennisspieler selbst, sondern auch für Trainer, Vorstände und Eltern von jungen Talenten. Ich hoffe, ihr nehmt etwas Wichtiges mit.
Lasst uns aber zunächst mit folgender Frage starten: Was haben die gesetzten Ziele von oben gemeinsam? Sie sind attraktiv und motivierend. Aus diesem Grund ist es jedem Spieler auch bestimmt schon passiert, dass er in der Nacht vor einem Spiel darüber sinniert hat, wie es denn wäre, wenn das Ziel Wirklichkeit wird. Wie gut es sich anfühlt, wenn das Ziel erreicht würde und wie sich andere freuen. Dies sind angenehme Vorteile dieser Art von Zielen.
Tatsächlich gibt es aber noch eine weitere Gemeinsamkeit: Sie umfassen Ergebnisse bzw. Konsequenzen. Gewinnen wollen, Statistiken erreichen, Fehler vermeiden, Personen beeindrucken oder sich nicht verletzen, nennt man in der sportpsychologischen Literatur (z. B. Weinberg & Gould, 2000) ein „Ergebnisziel“. Hört sich jetzt nicht sonderlich
aufregend an, aber das Wissen darüber kann vieles im Leben eines Spielbeteiligten in Bezug auf die eigene Leistung verändern. Oben haben wir nun bereits die schönen Vorteile dieser Art des Ziels benannt. Da jede Medaille bekanntermaßen zwei Seiten hat, müssen Ergebnisziele auch Nachteile haben. Welche das sind, können wir an einem Gedankenexperiment klarer machen.
Nehmen wir an, ein Spieler nimmt sich vor, dass er heute erneut sechs Asse schlagen möchte, da er dies vergangene Woche ebenfalls geschafft hat. Jetzt hat sich der Gegner aber darauf eingestellt und zudem ist heute irgendwie nicht sein Tag. Bis in den zweiten Satz ist bislang kein einziges Ass gelungen. Was könnte jetzt passieren, wenn der Spieler noch nicht gelernt hat, mit dieser Situation zielführend umzugehen? Er könnte anfangen sich zu ärgern, verkrampfen, den Fokus verlieren und Aufschläge wählen und erzwingen, die in der aktuellen Lage dem eigenen Spiel eher schaden. Und „Erzwingen“ bedeutet, Schläge zu wählen, die eine geringere Gewinnchance haben und die man normalerweise nicht wählen würde.
Problem: Dies kann der Anfang einer negativen Spirale sein, die vielen Aktiven bekannt sein könnte. Die schlechteren Schläge führen zu mehr Dominanz durch den Gegner im Ballwechsel und somit höherer Wahrscheinlichkeit zum Punkt für die andere Seite. Der Frust nimmt somit zu und die Leistung sinkt weiter. Vorausgesetzt natürlich, man hat nicht bereits die Kompetenzen mit dieser Situation umzugehen oder es passieren andere Effekte, die plötzlich das Spiel kippen lassen.
Beispielsweise erhält der Spieler durch einen schlecht gespielten Ball des Gegners einen einfachen Punkt. Oder der Gegner rutscht weg und der Schlag von der Grundlinie findet einfach sein Ziel. Diese Situation, die durch Zufall entstanden sind, könnten plötzlich den Weg des Spiels wieder verändern und Sicherheit geben. Aber wollen wir von diesem Zufallsmoment abhängig sein?
Das Gedankenexperiment soll eines zeigen: Sich ein Ergebnisziel für eine Performance-Situation wie ein Spiel zu setzen, kann in der Situation zu einem starken Druckgefühl führen, dass leistungsmindernd wirken kann. Gerade dann, wenn das Ergebnis durch den Spielverlauf in Gefahr gerät. Es kommt dann vielleicht zu zögerlichen Entscheidungen
oder es werden Entscheidungen „erzwungen“.
Ähnliches gilt auch für die Schule oder andere Performance-Bereiche. Beispielsweise, dass ein Schüler den Eltern sagt „Heute schreibe ich garantiert eine eins“ und dann passiert folgendes: Die erste Aufgabe der Klassenarbeit wird beim ersten Durchlesen nicht sofort verstanden. Die Wahrscheinlichkeit für Hektik und Stress, die negativen Einfluss auf den weiteren Prozess haben können, nimmt durch die Erwartungshaltung von vorher zu.
Aber lasst uns zurück zum Tennis kommen und hierzu ein wichtiger Hinweis. Es gibt Spielbeteiligte, die sich intuitiv hilfreiche Ziele setzen und das Bisherige daher vielleicht mit Erstaunen lesen. Diese Personen haben meist zufälligerweise eine wertvolle Kompetenz bereits gelernt.
Aber lasst uns zunächst den zweiten Nachteil, neben dem Druck, ansehen. Dazu folgende Frage: Was hat alles Einfluss darauf, ob man einen Punkt im Tennis macht?
Hier ein paar Faktoren: Schlagtechnik/-fähigkeit, Schlagposition, Mind-Set, Vorbereitung des Schlages, Umgang mit vorherigen Fehlschlägen, Position vom Gegner, Ballqualität, Art des Untergrundes, Störungen durch Zuschauer, Schiedsrichterentscheidungen, Zufall, Stärke des Gegners und natürlich noch viele mehr.
Ich hoffe, wir stimmen überein, dass dies alles Faktoren sind, die Einfluss darauf haben, ob ich einen Punkt mache oder nicht. Dabei ist die Wichtigkeit eines Faktors in jedem Match unterschiedlich. Es ist bspw. ein Unterschied, ob ich gegen eine an Position eins gesetzte Person spiele oder gegen eine von der Spielstärke objektiv schwächere Person.
Die viel wichtigere Frage ist aber Folgende: Welchen Faktor hat ein Spieler zu 100 Prozent unter Kontrolle? Wenn man die Liste durchgeht, bleiben tatsächlich nicht so viele Faktoren übrig. Und dies ist ein wichtiger Nachteil von Ergebniszielen: Sie sind nicht zu 100 Prozent kontrollierbar. Aus diesem Grund spreche ich ab hier auch nur noch von einem Wunsch. Statistiken erreichen, einen Ballwechsel bzw. ein Match gewinnen, jemanden beeindrucken oder gar ein Turnier gewinnen sind Wünsche. Sie sind nicht allein durch mich beeinflussbar. Auch wenn wir es uns wünschen würden.
Versteht mich jetzt aber nicht falsch. Wünsche sind großartig. Denn sie motivieren zum Training zu gehen und hart zu arbeiten. Sie inspirieren Spitzensportler dazu, für einen bestimmten Wunsch auf unterschiedliche Dinge zu verzichten, um den Wunsch Realität werden zu lassen. Darum sind Wünsche wichtig. Sie helfen uns, am Ball zu bleiben.
Wollen wir aber mit Wünschen in ein Match gehen? Denn hier können sie unsere Leistung bremsen. Klar, sie sind motivierend. Aber nach motivierend, folgt manchmal auch übermotiviert. Und wir wollen doch die Wahrscheinlichkeit für gute Leistung erhöhen?
Dies wusste bereits die Basketball-Trainerlegende Dean Smith: „I think if you talk about winning as the end result too much, it interferes with winning. I tried not to look at the score when I was coaching. Were we playing well? Were we playing hard? Let the score take care of itself”.
Aus diesem Grund sollten sich Tennisspieler und Trainer, Dinge für ein Match vornehmen, die Spieler zu 100 Prozent unter Kontrolle haben und sich darauf fokussieren. Diese Ziele werden „Handlungsziele“ genannt.
Von mir betreute Tennisspieler nehmen sich beispielsweise Dinge vor wie:
Dies sind nur einzelne Beispiele. Und ein Nachteil ist sofort ersichtlich. Über diese Dinge nachzudenken oder zu sprechen, ist längst nicht so attraktiv wie über Wünsche.
Hingegen helfen sie, dass wir den Wunsch erst erreichen können. Sie sind unabhängig vom Ergebnis umsetzbar, machen keinen unnötigen Druck, neben dem bereits vorhandenem, und spiegeln ausschließlich die eigene Leistung wider. Ergebnis ist halt NICHT GLEICH Performance! Und dies gilt auch in Kontexten wie Schule (z. B. Noten).
Was ist also mitzunehmen: Spielbeteiligte sollten sich vor einem Spiel oder Training eigentlich folgende Frage stellen „Welches Verhalten muss ich zeigen, damit ich positiven Einfluss auf meinen Wunsch habe? Welches konkrete Verhalten möchte ich gleich zeigen? Worauf sollte ich mich fokussieren?“. Dabei gibt es nur ein Problem. Das ist ähnlich wie mit Veränderungen bei der Technik oder Vorgaben für die Taktik. In emotionalen Situationen vergessen wir diese sehr schnell. Zudem tendiert unser Kopf besonders in diesen Situationen zum Ergebnis zu springen. Leider ganz automatisch und unbemerkt. Ein Grund, weswegen Druck bei uns entsteht:„Heute ist es besonders wichtig. Heute darf bloß nichts schief gehen“, „Heute habe ich die Chance, das Turnier zu gewinnen“. Dies sind Momente, in denen sich bei Spieler oft das Verhalten verändert.
Aber wie kann man in wichtigen Situationen daran denken, was eigentlich im Fokus stehen sollte? Durch eine schriftliche Erinnerung. Schreibt eure Handlungsziele irgendwo hin, damit sie euch dann erinnern, wenn es darauf ankommt. Zum Beispiel auf die Trinkflasche oder auf den Schläger. Falls ihr dazu Unterstützung möchtet, habe ich ein Arbeitsblatt zum Üben erstellt. Ihr findet es über den untenstehenden QR-Code zum Download. Ich hoffe, der Artikel hilft euch beim nächsten Match zu bemerken, mit welchem Vorhaben ihr auf den Court geht. Ist es ein Wunsch oder ein Ziel?
Holt euch gleich das Arbeitsblatt zu diesem Thema.
Als Sportpsychologe und Psychotherapeut unterstützt Sebsatian diverse Leistungs- und Profisportler unterschiedlicher Sportarten im Umgang mit Leistungsdruck, Stress und hohen Anforderungen. „Performen, wenn die Bedingungen nicht optimal sind“ und „be comfortable to feel uncomfortable“ sind seine Mottos. Neben diesen Tätigkeiten ist er Mitentwickler des Online-Programms Ready2Perform (www.ready2perform.de), um die Kompetenzen im Umgang mit Druck an viele Menschen zu vermittelt.
"Es ist keine Leidenschaft darin zu finden, sich klein zu machen und sich mit einem Leben zufrieden zu geben, das weniger ist als das, was man zu leben fähig wäre." - Nelson Mandela
Der Online-Kurs "Ready2Perform" (www.ready2perform.de) zielt darauf ab, Menschen die nötigen Kompetenzen zu vermitteln, um Druck- bzw. Leistungssituationen zu meistern. Er richtet sich an Personen, die in Prüfungen, Leistungstests, Präsentationen oder kritischen Momenten wie Notfallsituationen oder beruflichen Herausforderungen ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen müssen oder möchten. In solchen Augenblicken, in denen das Erlernte und Trainierte abgerufen werden muss, scheitern Menschen oft nicht durch mangelndes Wissen oder Können, sondern an den Auswirkungen des Drucks und den fehlenden Kompetenzen im Umgang damit. Ein erhöhter Puls, Gedankenrasen oder starke Gefühle der Unsicherheit können die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.
Das "Ready2Perform"-Programm, dessen Kosten durch die Krankenkassen voll übernommen werden können, konzentriert sich darauf, diese hinderlichen Konsequenzen vorzubeugen und Menschen zu befähigen, auch unter Druck ihr Bestes abrufen zu können. „Ready2Perform“ bietet dabei jedoch nicht nur Ansätze für spezifische Situationen. Das Erlernte dient dazu, diese Fertigkeiten im Alltag zu nutzen und stärkt die Widerstandsfähigkeit und die psychische Flexibilität einer Person.
Das Online-Programm „Ready2Perform“ bietet eine Mischung aus interaktiven Lehrvideos, praktischen Experimenten und verständlichen Erklärungen, um die nötigen Kompetenzen im Umgang mit Druck zu erlernen. Der Kurs besteht aus
Worauf wartest du also? Möchtest du Ready2Perform werden?
Hinweis in eigener Sache: dieser Artikel ist nicht gesponsert und wir bekommen keinerlei Provision. Wir haben den Online-Kurs von Sebastian und ihn selbst kennengelernt und empfehlen euch daher den Kurs von ganzem Herzen.
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