Was veranlasst den Berliner Tennis-Coach John Lambrecht, Anfang des Jahres mit seiner kleinen Familie nach Mallorca auszuwandern? Und was macht die Familie, wenn kurz nach der Auswanderung die Corona-Pandemie alle Pläne über den Haufen wirft? Wie geht es John heute? Wie sieht sein (Arbeits-) Alltag aus? Und welche Pläne haben seine Frau und er für 2021? All das hat mich brennend interessiert - das sind interessante Tennisgeschichten abseits des Tennisplatzes. John hat meine Fragen einfach toll beantwortet - ausführlich, ehrlich und offen. Aber lest doch am besten selbst und taucht ein ganz kleines bisschen ein in die Welt des Tennis-Auswanderers, die zeigt, welche Kraft und welche Integrationsmöglichkeiten unser Tennissport bieten kann.
Ich bin dieses Jahr im März mit meiner Frau und meinem 4jährigen Sohn nach Mallorca gezogen. Wir wohnen in El Molinar, circa 5 Autominuten von Palma entfernt. El Molinar ist ein ehemaliges Fischerviertel, mit ein paar kleinen Stadtstränden und einer wunderschönen Promenade. Diese führt parallel zum Meer Richtung Westen bis nach Palma und in Richtung Osten bis nach Arenal. Perfekt zum Joggen und Fahrradfahren. Der kleine Ort besitzt noch viel mallorquinischen Charme und das gefällt uns sehr gut.
Geboren und aufgewachsen bin ich auf der Insel Sylt. Nach meinem Pflicht-Wehrdienst habe ich 1999 ein 3jähriges Volontariat bei einem lokalen Fernsehsender in Reutlingen (Baden-Württemberg) absolviert. Ich war als Sportreporter im Einsatz und habe überwiegend von den Fußball-, Handball-, Basketball- und Tennis Bundesligen berichtet.
2003 bin ich nach Berlin gezogen. Dort habe ich viele Jahre als freiberuflicher TV Redakteur/Regisseur für verschiedene Fernsehproduktionsfirmen gearbeitet. Seit 2015 habe ich mich verstärkt auf den Aufbau meiner Tennisexistenz fokussiert.
Meinen ersten Tennisschläger bekam ich mit 2 Jahren. Seitdem habe ich das Racket nicht mehr aus der Hand gelegt. Mein Vater war Tennisspieler und er verbrachte sehr geduldig viele Stunden mit mir auf dem Tennisplatz. Auf Sylt sammelte ich meine ersten Erfahrungen als Tennistrainer und unterstütze als Jugendlicher in den Sommermonaten unseren Vereinstrainer. Als ich fürs Fernsehen gearbeitet habe, verbrachte ich weiterhin regelmäßig die Sommer auf Sylt und habe Tennistraining gegeben.
Vor 12 Jahren absolvierte ich meine Tennistrainerscheinprüfung. Ich war immer sehr engagiert in den Vereinen, wo ich gespielt habe. Vor 5 Jahren wuchs in mir der Wunsch meine Leidenschaft zum Beruf zu machen. In Berlin habe ich als Trainer für die „Courtfighter Tennisakademie“ gearbeitet. Beim Tennis interessierte mich immer der mentale Aspekt. Um mich auf diesem Gebiet intensiver weiterzubilden, habe ich 2016 eine 2-jährige Ausbildung zum Sport Mental Coach absolviert. Das Verbessern der mentalen Stärke ist ein zentraler Punkt meiner Trainingsarbeit.
Als ich 2006 von einer halbjährigen Weltreise nach Deutschland zurückkam, war für mich klar, dass ich irgendwann mal dort leben werde, wo ganzjährig die Sonne scheint. Ich bin kein Fan von der Winterzeit. Die Kälte und die Dunkelheit schlagen mir regelrecht aufs Gemüt.
Zum Glück empfindet meine Frau genauso. Sie liebt ebenfalls die Sonne und ist sehr weltoffen. Als unser Sohn 2015 geboren wurde, war für uns klar, dass die Auswanderung passieren muss, bevor er eingeschult wird. Ibiza, Australien und Bali standen auch auf der Liste, aber auf Mallorca stimmt das Gesamtpaket. Die Verbindung nach Deutschland ist unkompliziert, Familie und Freunde sind in Reichweite, das Klima ist gut, es gibt tolle Schulen, die Insel bietet viel Abwechslung, Spanisch ist eine interessante Sprache und die Jobbedingungen sind für meine Frau (Yoga- und Meditationslehrerin) und mich sind reizvoll.
Erwartungen hatten wir nicht. Erwartungen bergen die Gefahr, enttäuscht zu werden. Wir hatten/haben aber klare Ziele vor Augen, die wir sowohl privat als auch beruflich erreichen möchten. Zudem hatten wir große Lust auf die Veränderung und viel Vertrauen, dass sich die richtigen Türen öffnen werden. Wir haben uns gut auf dieses Abenteuer vorbereitet.
Die vergangenen 2 Jahre waren wir mehrmals auf der Insel und haben uns verschiedene Gegenden angeguckt, um ein Gespür zu bekommen, wo es uns am besten gefällt. Wir waren zu unterschiedlichen Jahreszeiten auf der Insel und haben uns sehr intensiv mit den Kindergärten und Schulen beschäftigt. Parallel habe ich die Jobsituation gecheckt und erste Kontakte zur hiesigen Tennisszene aufgenommen.
In Deutschland stand ich schon seit längerem mit Sunball Reisen im Gespräch. Einer der größten deutschsprachigen Tennisreisen Anbieter in Europa. Ich hatte die Zusage, dass ich die Tennisbase im Maritim Galatzo Hotel in Paguera übernehmen kann.
Die Pläne waren also - ankommen, einleben, etwas Geld verdienen und ein Gespür dafür bekommen, wie ich mich beruflich noch besser aufstellen kann.
Wir sind am 4. März auf Mallorca angekommen. Die ersten Tage waren wir überwiegend damit beschäftigt, unsere Wohnung einzurichten, auszupacken und die Gegend zu erkunden. Dass bereits 12 Tage später der komplette Lockdown, inklusive strikter Ausgangsperre, in Spanien ausgerufen wurde, konnte keiner ahnen – vor allem nicht für diesen langen Zeitraum (fast 3 Monate).
Am 16. März (Tag des Lockdown-Beginns) war eigentlich Startschuss für unseren „Mallorca Alltag“. Unser Sohn hätte seinen ersten Kita-Tag gehabt, ich hätte meine ersten gebuchten Trainerstunden im Hotel gegeben und meine Frau ihren ersten Yogaunterricht – stattdessen hatten wir nun erstmal viel Zeit unsere Wohnung kennen zu lernen.
Fast 3 Monate galt auf Mallorca die Ausgangsperre. Lediglich der Gang zum Supermarkt oder Arzt war erlaubt. Nun hatten wir das große Glück, dass unsere Wohnung 2 Terrassen hat und somit konnten wir „raus“ und die Sonne genießen. Ich besitze sehr viel Sportequipment und habe kurzerhand unsere Dachterrasse zum Fitnessstudio umgebaut. In der Tiefgarage habe ich mit meinem Sohn Tennis und Fußball gespielt und den Gemeinschaftspool nutzten wir exklusiv, weil keine Nachbarn da waren. Somit lernte mein Sohn in dieser Zeit das Schwimmen.
Das Positive am Lockdown war, dass es keine Ablenkung und keine Termine gab. Ich hatte ein paar unausgereifte Job-Ideen im Kopf, an denen ich in aller Ruhe feilen konnte. Daraus ist unter anderem die Idee der Weiterentwicklung von ZENNIS entstanden - eine Kombination aus der Philosophie des Zen und Tennis. Es vereint Yoga, Mediation und Tennis.
Außerdem habe ich mit meinen Trainerkollegen der Courtfighter Akademie in Berlin via Zoom-Calls Tenniskonzepte erstellt, Online Mental Coaching angeboten, meine Webseite optimiert und eventuelle Kooperationspartner kontaktiert. Rückblickend war die „Corona Zwangspause“ sehr produktiv.
Da wir mit einem kleinen finanziellen Polster angereist sind und unsere Fixkosten überschaubar sind, haben wir uns auch erstmal nicht zu sehr gesorgt, wegen der fehlenden Einnahmen. Wir hatten eine intensive Familienzeit in den eigenen 4 Wänden. Mein Sohn hat es genossen jeden Tag stundenlang mit uns zu spielen und auch meine Frau und ich sind uns nicht auf die Nerven gegangen – wir haben uns noch lieb… ;)
Unser Sohn ist in der Regel von 9 bis 16Uhr in der Kita. Ich gebe von Montag bis Samstag meine Trainerstunden und konnte mir bereits einen kleinen Kundenstamm mit Dauerresidenten aufbauen. Ich bin überwiegend in Arenal, Palma und Paguera im Einsatz, also im Südwesten der Insel. Zudem versuche ich mein Netzwerk mit Hotels auf Mallorca zu erweitern und Kooperation mit Tennisvereinen und Trainern in Deutschland herzustellen. Ähnlich ist es bei meiner Frau, die sich Schritt für Schritt als Yoga und Mediationslehrerin hier etabliert und bereits gut gebuchte Kurse anbietet.
Dadurch das dieses Jahr fast 80% weniger Touristen auf der Insel waren, hatte ich viel Zeit zum Tennis spielen. Ich bin nach der kurzen Zeit schon recht gut in der mallorquinischen Tennisszene vernetzt und habe hier genügend Spielpartner. Zudem gibt es auf Mallorca viele Tennisturniere. Bei einigen war ich am Start und habe da gar nicht so schlecht abgeschnitten. Ich habe ein ITF Turnier bei Rafa Nadal auf der Anlage in Manacor gewonnen und habe im September die Mallorca Meisterschaft und im November die Balearen Meisterschaft im Einzel gewonnen, jeweils in der AK35+.
Wenn ich nicht auf dem Tennisplatz stehe, dann genieße ich das schöne Wetter, lerne spanisch, erkunde die Insel und plane meine Projekte für 2021.
Für uns ist das Leben auf Mallorca definitiv ein Qualitätsgewinn. Klar ist dieses Jahr, auf Grund von Corona, speziell. Aber das betrifft jeden auf der Welt. Jeder hat seine ganz persönliche Corona-Geschichte zu erzählen. Meine Frau und ich sind positive Menschen. Die Situation ist/war, wie sie ist und daraus gilt es das Beste zu machen. Natürlich lief es wirtschaftlich nicht so wie erhofft, aber Millionen anderer Menschen haben leider deutlich schlimmer unter der „Corona-Situation“ gelitten und daher möchten wir uns nicht beklagen. Es ist schon dramatisch zu sehen, wie viele Existenzen auf dem Spiel stehen und leider auch scheitern. Gerade eine Region wie Mallorca, wo der Tourismus die Haupteinnahmequelle ist, wird diese Krise noch länger zu spüren bekommen.
Aber auch in dieser Situation gilt es für uns das Positive zu sehen. Unser Sohn hat sich toll eingelebt und wir haben bereits einen großen Bekanntenkreis. Notgedrungen haben die Menschen, die hier leben, in diesem Jahr mehr freie Zeit und so trifft man sich öfter mal am Strand und lernt sich besser kennen. Der Austausch ist intensiver als im „normalen“ hektischen Saison-Alltag.
Die Spanier empfinde ich als sehr hilfsbereit und freundlich. In den meisten Tennisclubs bin ich auf offene Türen gestoßen, was das Arbeiten deutlich leichter macht.
Ich bin kein Mensch der eine wöchentliche Arbeitsroutine braucht. Ich arbeite seit fast 20 Jahren freiberuflich und keine Arbeitswoche gleicht der anderen. Als klassischer Vereinstrainer in Deutschland würde – ich persönlich - Gefahr laufen, in einen Trott zu verfallen. Denn in der Regel hat man als Vereinstrainer so ziemlich jede Woche den gleichen Tagesablauf, bzw. die gleichen Gruppen und Schüler auf demselben Tennisplatz. Und da habe ich meine Schwierigkeiten mit.
Ich genieße es sehr auf Mallorca mit meinen Stammkunden zu trainieren, aber genauso sehr genieße ich es, dass ich regelmäßig neue Tennisschüler auf dem Platz habe. Das Arbeiten mit Urlaubern ist ein sehr angenehmes Arbeiten. Urlauber sind entspannt, wenn sie zum Tennis kommen. Weder sind sie abgehetzt von der Arbeit noch sind sie mit ihren Gedanken bei den Alltagssorgen Zuhause. Die Atmosphäre auf dem Platz ist viel entspannter. Und in einer positiven Atmosphäre fällt das Lernen leichter. Ich ziehe große Freude daraus, wenn der Kunde nach der Stunde gut gelaunt vom Platz geht und ich ihn dabei unterstützen konnte, sein Tennis zu verbessern und ich ihm neuen Input geben konnte.
Ich genieße es auch sehr mit dem internationalen Publikum auf Mallorca. Ich hatte dieses Jahr u.a. Kunden aus Schweden, England, USA und Israel. Interessante Menschen mit denen ich mich gerne austausche. Darüber hinaus werde ich auch von einem Concierge Service gebucht. Das sind dann meistens etwas wohlhabendere Gäste, die auf einer Finca mit privatem Tennisplatz wohnen und dort Tennistraining machen möchten. Und ich freue mich sehr darauf Trainingscamps für Mannschaften zu organisieren und als Trainer zu begleiten. Also insgesamt ist das Arbeiten für mich als Tennistrainer hier abwechslungsreicher als in Deutschland und die Bedingungen sind sehr gut. Das fantastische Klima ein riesiger Pluspunkt. Anfang Dezember habe ich morgens um 9 Uhr bei 15 Grad Training gegeben, da steigt die Lust auf Sport automatisch.
Es zeichnet sich leider schon ab, dass auch 2021 kein gewohnter Reisetourismus möglich sein wird. Zu spekulieren, wann es nun wieder los geht, ist unnötiger gedanklicher Stress, weil wir das nicht in der Hand haben oder beeinflussen können.
Nichts desto trotz bin ich voll davon überzeugt mich hier als Tennis Coach weiter zu etablieren. Somit gibt es für 2021 auch klare Ziele. Das erste ZENNIS Retreat, dass ich gemeinsam mit meiner Frau organisiere, wird im Oktober 2021 auf Mallorca stattfinden. Dieses Jahr musste ich es wegen Corona leider im Oktober stornieren. Wir hatten eine tolle Finca mit privaten Tennis-Sandplatz gemietet. Ein Privatkoch hätte für das kulinarische Wohl der maximal 8 Teilnehmer gesorgt. Mehr Infos zu diesem exklusiven 7-Tage-Tennisurlaub gibt es auf eurer und meiner Webseite.
Dann freue ich mich natürlich über jeden Urlauber, der nach Mallorca kommt und mit mir Trainieren möchte. Gerade im Südwesten (Arenal – Paguera) bediene ich einige Hotels und benutze die Plätze der hiesigen Tennisclubs. Es gibt einige wunderschöne Anlagen in dieser Region.
Zudem möchte ich gerne enger mit Tennisvereinen aus Deutschland zusammenarbeiten und diese dabei unterstützen, Tennisreisen nach Mallorca zu unternehmen und die Mannschaften hier Vorort als Trainer betreuen. Meine Hauptzielgruppe bleiben aber die internationalen Dauerresidenten, die ein Großteil des Jahres auf Mallorca leben. Schließlich sind von November bis April kaum Urlauber auf der Insel.
Als gebürtiges Inselkind (Sylt) liebe ich natürlich das Meer vor der Haustür. Mit meinem Sohn brauche ich 2 Minuten von Zuhause und wir sind am Strand. Ich fühle mich dann oft an meine Kindheit zurückerinnert. Ich genieße die kurzen Distanzen und den entspannten Verkehr (zumindest in der Nebensaison). Und ein riesiger Qualitätsgewinn ist das Wetter. Wenn ich morgens um 7 Uhr am Strand entlang jogge und die Sonne scheint, dann ist es der perfekte Start in den Tag. Ich kann das ganze Jahr über draußen Tennis spielen, wenn es nicht gerade regnet. Was in 2020 eher selten vorkam.
Für meinen Sohn freut es mich, dass er im Kindergarten mit englisch und spanisch aufwächst. Er lernt die Sprachen nebenbei und Sprachen sind im späteren Leben einfach ein großer Türöffner.
Nach 8 Monaten Mallorca fällt das Fazit nur positiv aus… Ich verdiene Geld mit meiner Leidenschaft, ich kann den ganzen Tag Sport treiben, die Sonne scheint (überwiegend), ich kann viel Zeit mit meiner Familie verbringen und alle sind gesund. Wenn uns im nächsten Jahr auch wieder Freunde und Familie besuchen können, dann haben wir alles, was wir benötigen, um glücklich zu sein. Meine Frau und ich sagen uns regelmäßig, dass es die beste Entscheidung war, diesen Schritt zu machen.
Dann wäre ein ZENNIS-Retreat bei John und seiner Partnerin Nina-Gyana sicher das Richtige für euch. Die Kombination ist ein spannend und bringt euch nicht nur in Sachen Tennis voran. Dazu ein herrliches Urlaubsambiente auf einer mallorquinischen Privat-Finca.
Geplant ist das nächste ZENNIS-Retreat auf Mallorca vom 2.-9. Oktober 2021.
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