Mentaltraining ist absolut "IN" - auch als Teil des Trainingskosmos im Tennisbereich. Egal ob Profi- oder Hobbysportler - jeder von uns kennt es doch nur zu gut. Der Kopf spielt nicht mit, der Arm wird schwer, die Beine funktionieren nicht. Man verschlägt Bälle, die im Training immer kommen, man fühlt Druck oder gar Angst, lässt Aggressionen auf dem Platz freien Lauf. Und kommt am Ende oft mit einer Niederlage vom Platz, mit der man sich nicht abfinden kann. Sofern euch das alles sehr bekannt vorkommt und ihr euer Tennis im Mentalbereich ordnen und verbessern wollt, ist das Buch "Mentale Stärke im Tennis" von Philipp Heger aus dem Verlag Neuer Sportverlag" sehr zu empfehlen. Denn das Buch gibt euch einen vielschichten Einblick in den komplexen Mentalkosmos, liefert wunderbare Beispiele aus dem Tennisalltag, in denen ihr euch wiederfinden werdet und gibt euch zahlreiche Lösungsansätze und konkrete Übungen, wie ihr eure Bestleistung auf dem Platz besser abrufen könnt.
Mentale Stärke zeigt sich schon vor dem Training oder dem Match
Im ersten Teil des Buches zeigt der Autor, wie wichtig eine mentale Vorbereitung auf ein Match sein kann und warum gerade der Matchbeginn mental so wichtig für jeden Spieler ist. Alle bekannten Statistiken zeigen, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit (zwischen 78-90 Prozent) derjenige Spieler das Match gewinnt, der auch den ersten Satz für sich entscheidet.
In den folgenden Kapiteln werden vielseitige Themen, die zur mentalen Stärke führen, behandelt. Konkrete Handlungsempfehlungen folgende am Ende eines jeden Kapitels. So erfährt der Trainingsweltmeister, wie er sein Training umstellen sollte, um im Training Wettkampfsituationen zu simulieren.
Einige der Kapitel titeln recht provokant. So zum Beispiel das Kapitel 6: "Wie bescheiße ich richtig". Zugegeben, ich war beim Lesen zuerst etwas verwirrt. Doch auch dieses Thema gehört zum Mosaik der mentalen Stärke. Wie geht man mit unfairen Gegnern um, ohne dabei die Fassung, den Faden und letztlich das Spiel zu verlieren? Hier gibt der Autor jede Menge Praxisbeispiele und auch Trainingsübungen, die den Umgang mit strittigen Situationen ganz konkret üben lassen.
Rituale, Routinen, An- und Entspannung, Konzentration, Körpersprache - alles Teilchen des komplexen Mentalkosmos
Selbstverständlich darf ein Kapitel zu Ritualen und Routinen in einem Mentalratgeber nicht fehlen. Tut es auch nicht. Aus einer großen Zahl unterschiedlicher Beispiele findet ihr sicherlich ein paar Routinen, die ihr in euer Spiel einbauen und somit mehr Ruhe schaffen könnt.
Mental starke Spieler schaffen es meistens, die richtige Mischung aus An- und Entspannung zu finden. Alles andere als einfach, aber üb- und erlernbar, auch wenn es kein Patentrezept dafür gibt. Aber die Tipps des Autors für ein Weniger an Anspannung und ein Mehr an Spannung sind durchaus hilfreich. Auch das Kapitel zum Thema Konzentration zeigt praktische Übungen auf, durch die die allgemeine Konzentrationsfähigkeit (nicht nur) auf dem Tennisplatz gesteigert werden kann.
Dass die eigene Körpersprache dein Inneres nach Außen zeigt, ist uns allen klar. Dennoch widmet sich ein Kapitel im Detail damit, wie man sich der eigenen Körpersprache bewusster werden und diese positiv beeinflussen kann.
Match-Tiebreak und Big Points - die mentalen Königsdisziplin?
Sehr ausführlich wird der Match-Tiebreak beschrieben. Kein Wunder, denn häufig wird davon gesprochen, dass mental stärkere Spieler mehr Match-Tiebreaks gewinnen. Diese wie auch anderen Match-Tiebreak-Thesen geht der Auto nach und widerlegt sich teilweise anhand ganz konkreter Zahlen und Fakten. So nimmt er sicherlich vielen von euch die Angst vor einem Match-Tiebreak. Die abschließenden Tipps, auf was ihr vor und während eines Match-Tiebreaks achten solltet, können wirklich zum Sieg führen.
Interessant sind auch die Kapitel, in denen das sogenannte "Momentum" und die Big Points in einem Match beschrieben werden. Jeder kennt es, dass sich innerhalb eines Matches das Spiel komplett drehen kann, teilweise geschieht das mehrfach. Schon allein das Bewusstsein darüber, kann jedem mental helfen und zu mehr Gelassenheit führen. Auch das eigene Verhalten bei Big Points lässt sich verändern und trainieren.
Vom Flow und Yips - von Himmel und Hölle
Geht es um mentale Fertigkeiten auf dem Tennisplatz, darf das Thema Flow nicht fehlen, also der Zustand absoluter Konzentration und Leichtigkeit, in dem einen alles gelingt, alles leicht fällt. Auch zu diesem komplexen Thema findest du als Leser viele Beispiele, die dir dazu verhelfen können, in den Flow zu kommen - zumindest für einen gewissen Zeitraum. Strategien, wie man an einem Tag, an dem gar nichts läuft, man sich also im Anti-Flow befindet wieder aus dem "Teufelskreis" herauskommt, fehlen nicht.
Viele kennen es, wissen aber nicht wie man es nennt. Auch Profis wie bspw. Sara Errani haben es beim Aufschlag: sogenannte Yips, Muskelzuckungen, die dazu führen, dass bspw. der Ballwurf beim Aufschlag komplett in dies Hose geht - und das ein ums andere Mal. Nach Meinung des Autors sind diese Yips überwiegend auf mentale Gründe zurückzuführen. Hier werden erste Ansätze zur Eindämmung der Yips gegeben.
Mentaltraining ist Lebensschule
Vieles, was sich im Buch mit der mentalen Stärke im Tennis beschäftigt, lässt sich 1:1 auf eigentlich alle Lebensbereiche übertragen. So die Aussage des Autors, die ich absolut teile. Insofern bietet das Buch nicht nur für`s Tennis wertvolle Tipps und Tricks, wie man das komplexe "Gesamtkonstrukt" der mentalen Stärke durchdringt und in den unterschiedlichen Bereichen bearbeiten kann. Sich auf den Weg zu machen, an der eigenen mentalen Stärke zu arbeiten, ist eine Schule für`s Leben. Und dabei kann euch das Buch ein Einstieg und eine Hilfe sein.
Wer schreibt denn da? Über den Autor
Philipp Heger ist DTB B-Trainer und VDT staatlich geprüfter Tennislehrer und hat mit seinem seinem Erstlingswerk "Taktik im Tennis" nun das Thema "Mentale Stärke im Tennis" aufgenommen. Als Leser merkt man, dass Philipp an der Basis arbeitet und bestens weiß, was im Kopf eines Amateursportlers aber auch eines ambitionierten Turnierspielers vorgeht. Nicht zuletzt weiß er das aus eigener Erfahrung als aktiver Oberligaspieler nur zu gut, wie wichtig der mentale Bereich ist.
Für wen eignet sich dieses Buch?
- Turnier- und Mannschaftsspieler egal welchen Alters und Spielstärke finden hier einen Einstieg und konkrete Hilfen.
- Tennistrainer, die sich im Mentalbereich weiter- und fortbilden wollen.
- Tenniseltern, die sich Gedanken über die mentalen Fähigkeiten ihres Tennisnachwuchses machen.
- Und letztlich auch für alle Hobbyspieler, die sich für den Bereich Mentaltraining interessieren.
Mein ganz persönliches Fazit
Im Tennis hat das Thema der mentalen Stärke in den letzten Jahren unheimlich an Dynamik gewonnen. Viele Tennisspieler im Profi- Nachwuchs-, aber auch im Amateurbereich suchen den Rat bei Mentaltrainern. Zu Recht - zumindest in den allermeisten Fällen. Ob unter 10-Jährige schon einen Mentaltrainer benötigen, möchte ich aber doch mehr als in Frage stellen. Aber im Allgemeinen ist es wichtig, sich mit den mentalen Aspekten auseinanderzusetzen und nicht nur die technischen, taktischen und athletischen Aspekte des Tennisspiels zu üben.
Wer die ersten Schritte im mentalen Bereich gehen möchte oder eine gute Zusammenfassung des so vielschichtigen Themas lesen möchte, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen. Gut finde ich die vielen ganz konkreten Beispiele aus der Praxis, die bestimmte mentale Bereiche bestens beschreiben. Auch die zahlreichen Tipps und Übungen sind hilfreich. Wer jedoch schon tiefer im "Mental-Thema" drin ist, dem werden an der einen oder anderen Stelle konkretere, tiefergehende Lösungsansätze fehlen.
Die wichtigsten Infos zum Buch
- ISBN: 978-3-96416-036-2
- 227 Seiten
- Erschienen im Verlag Neuer Sportverlag
- Preis: 19,50 Euro
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